Der Karakoram Highway: In 4.700 Meter Höhe von China nach Pakistan

Categories Korea, Japan und China

Meist sind „Highways“ gut ausgebaute, mehrspurige Straßen. Auch wenn als solcher bezeichnet, treffen auf den Karakoram Highway ganz andere Eigenschaften zu.

Der zwischen 1962 und 1978 errichtete, ca. 1.300 km lange Karakoram Highway verbindet als einzige Landstrecke China mit Pakistan und windet sich hierbei durch die namensgebende Bergkette: den Karakoram. Dessen Gipfel ragen 7.000 und 8.000 Meter in die Höhe, sind von Gletschern bedeckt oder umgeben. Höhepunkt des Highways ist der Khunjerab Pass auf 4.693 Metern, über den ebenso die Grenzlinie von China und Pakistan verläuft. Damit ist der Karakoram Highway die höchste internationale Straße überhaupt.

Ungefährer Verlauf des Karakoram Highways zwischen Kashgar und Islamabad (Kartengrundlage: Google Maps)

Von Kashgar zum Khunjerab Pass

Auf chinesischer Seite kommt der Karakoram Highway dem Prädikat „Highway“ noch am Nächsten: Die ersten rund 400 Kilometer von der westchinesischen Handelsstadt Kashgar bis zum Grenzübergang nach Pakistan sind mittlerweile großzügig ausgebaut. Der Highway verläuft hier eher unspektakulär in breiten Tälern. Gleichwohl ist die Reise bereits ein Erlebnis: Links und rechts zeigen sich die ersten gletscherbedeckten Berge. Die nahe Umgebung ist ein Mix aus spannenden, uns eher unbekannten Ländern: Tajikistan liegt direkt hinter der nächsten Bergkette, später ist auch Afghanistan in unmittelbarer Nähe.

Unterwegs auf dem chinesischen Abschnitt des Karakoram Highways

Obwohl auf dem chinesischen Abschnitt nur eine einzige Stadt liegt (Tashkurgan mit 9.000 Einwohnern), ist der Verkehr überraschend dicht. Dazu trägt vor allem der chinesische Binnentourismus bei. In den letzten Jahren sind an den Seen Unterkünfte entstanden, selbst der Grenzübergang wurde zum Sightseeing-Spot ausgebaut: Shuttlebusse bringen die Gäste zum Grenzstein, an dem mit chinesischen Fähnchen in der Hand für Selfies gepost wird. Sauerstoffflaschen werden denjenigen ausgereicht, denen die Höhe nicht zuträglich ist. Bemerkenswert ist, dass der Massentourismus eine für chinesische Verhältnisse wirklich entlegene Region erreicht hat: Die Metropolen im östlichen Teil Chinas wie Beijing, Shanghai oder Wuhan sind deutlich weiter entfernt als bspw. die westlich gelegenen Metropolen Tehran, Bagdad oder Tbilisi!

Grenze zwischen China und Pakistan: Sightseeing am Khunjerab Pass

Erste Kilometer in Pakistan

Nach dem Überqueren der Grenze reduziert sich der Verkehr schlagartig. Für den Moment passieren nur drei Fernlinienbusse die Grenze, weitere Fahrzeuge sind nicht in Sicht. Am Wochenende ist der Grenzübergang sogar ganz geschlossen, damit ruht der Verkehr vollständig.

Auf pakistanischer Seite der Grenze mit der höchsten ATM weltweit (auf ca. 4.700 m Höhe)

Die Straße ist nun deutlich schmaler und schlängelt sich in engen Serpentinen das Tal hinunter. Leitplanken sind nur rudimentär vorhanden, an vielen Stellen wurden sie bei früheren Erdrutschen in das Tal hinunter gerissen. An den steilen Berghängen machen die lockeren Steinmassen weiterhin den Eindruck, in das Tal hinunter rutschen zu wollen.

Serpentinen des Karakoram Highways auf pakistanischer Seite

Dass dieser Eindruck nicht trügt, beweist eine Naturkatastrophe im Jahr 2010: Damals verschüttete ein Erdrutsch das Tal in dem der Karakoram Highway verläuft. Der Hunza River konnte nicht abfließen und staute sich zu einem See auf. Ein Dorf versank in den Wassermassen, der Karakoram Highway wurde unterbrochen. Über mehrere Jahre überbrückte eine provisorische Fährverbindung mit wackeligen Booten, die auch Trucks transportierten, diesen Abschnitt. Mit chinesischer Hilfe wurden bis 2015 mehrere Tunnel mit einer Gesamtlänge von 7 Kilometern angelegt und dieser Engpass im Hunza Valley beseitigt.

Attabad Lake: Der neue See ist heute ein beliebtes Ziel

Nah am Abgrund

Der Karakoram Highway verläuft im oberen Abschnitt in Pakistan oft in einer engen Schlucht direkt neben dem Hunza River. Als ob der kurvige Straßenverlauf nicht bereits herausfordernd genug wäre, lauern hinter den Kurven häufig verengte Straßenabschnitte, wo ein Teil der Fahrbahn flussseitig abgerutscht ist. Die pakistanische Art, solche Hindernisse kenntlich zu machen, sind kleine Steinbrocken, mit denen die abgebrochene Fahrbahn abgegrenzt wird.

Spektakulär sind die Abschnitte des Karakoram Highways, die hoch oben an steilen Berghängen verlaufen – und der Hunza River (bzw. flussabwärts der Gilgit River und der Indus) tief unten in der Schlucht rauscht. Insbesondere auf diesen Abschnitten des Karakoram Highways ist die Fahrbahn nicht befestigt, Leitplanken sind häufig nicht vorhanden. Ein technischer Defekt oder ein Fahrfehler würde einen Absturz in die Tiefe bedeuten und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit tödlich enden. Doch dieses Risiko hält die allermeisten Pakistanis nicht davon ab, Gas zu geben und mit waghalsigen Überholmanövern schneller am Ziel sein zu wollen. Die warnenden Hinweisschilder am Straßenrand „Better late than never“ sind Makulatur.

Im Hunza Valley bei Karimabad

Gastlichkeit im Hunza Valley

Obwohl Pakistanis grundsätzlich sehr gastfreundlich sind, schwärmen die Menschen im ganzen Land von der besonderen Herzlichkeit im Hunza Valley. Dadurch ist die Region ein beliebtes Urlaubsziel für Pakistanis aus z.B. Islamabad oder Lahore. Hierfür nehmen pakistanische Familien mehrtägige Autofahrten auf dieser gefährlichen Straße, die auf mehreren hundert Kilometern nur aus Kurven besteht, in Kauf.

Kurz hinter dem Babusar Pass

Im untersten Abschnitt erfordern zudem die Serpentinen des Babusar Passes – ein weiterer, über 4.100 Meter hoher Bergpass – besonderes Fahrgeschick, und einen leistungsfähigen Motor. Diese Herausforderungen schrecken die Gäste jedoch nicht ab: Auch hier nimmt der Tourismus zu, wenngleich die absoluten Mengen bei weitem nicht an die im chinesischen Abschnitt heranreichen.

Bei Naran

Aussichten

Vor einigen Jahren wurde im Rahmen einer Machbarkeitsstudie untersucht, wie eine Eisenbahnstrecke durch den Karakoram errichtet werden könnte. Diese neue Strecke soll China besser an die pakistanischen Häfen Karachi und Gwadar anbinden und den Zugang zum arabischen Meer erleichtern. Die Planungen für dieses gigantische Projekt wurden seither jedoch nicht konkreter. Meines Erachtens ist das auch gut so, denn der Bau wäre ein erheblicher Eingriff in diese einzigartige Berg- und Gletscherlandschaft. Vorerst bleibt es daher bei der abenteuerlichen, mehrtägigen Autofahrt – über 4.000 m hohe Bergpässe und dicht an Abgründen.

Mein nächster Blog-Beitrag: vsl. „Überleben in Pakistan“

Veröffentlichung: vsl. Anfang Oktober 2024

Mein Blog reist mir zeitlich immer ein bisschen hinterher. In dieser Zeit stelle ich meine Erlebnisse zu spannenden Beiträgen zusammen. Du möchtest aber wissen, wo ich mich aktuell befinde? Du möchtest meine Route und eine Auswahl von Foto-Schnappschüssen? Dann begleite mich gerne auch auf Polarsteps (Link siehe hier)!

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