Per Anhalter entlang der chinesisch-nordkoreanischen Grenze

Categories China, Große Ostasienreise, Nordkorea

Von Dalian, einer chinesischen 7-Millionen-Einwohner Metropole am Gelben Meer, möchte ich die Fähre nach Südkorea nehmen. Der direkteste Weg von Changbaishan dorthin führt entlang der chinesisch-nordkoreanischen Grenze. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es auf den meisten Abschnitten keine, daher werde ich diese per Anhalter zurücklegen und hoffe auf die Hilfsbereitschaft der lokalen Bevölkerung.

Die Grenze zwischen China und Nordkorea verläuft fast ausnahmslos auf dem Yalu-River. Der Fluss schlängelt sich durch eine atemberaubende Berglandschaft: Enge Schluchten wechseln sich mit riesigen Wasserflächen ab, die wegen des Aufstauens des Flusses durch mehrere Dämme für die Stromproduktion entstanden sind. Bei Dandong mündet der Yalu-River in das Gelbe Meer.

Auf chinesischer Seite gibt es eine Straße, die kontinuierlich dem Flussverlauf folgt – meine Route.

Ein Abschnitt meiner Route (Quelle Kartenausschnitt: www.opentopomap.org)

Immer wieder steigt sie auf Anhöhen, wodurch sich spannende Ausblicke von China hinab auf den verschlossenen östlichen Nachbarn ergeben.

Unterwegs am Yalu-River

Etappenweise arbeite ich mich nach Ji’an, meinem heutigen Ziel, vor: die ersten 10 Kilometer noch mit einem Stadtbus, dann mit einem Kipper auf seinem Weg zur Baustelle, dann im Camper mit einer urlaubenden Familie und mit einer weiteren Familie.

Mitfahrt im Camper

Nach einer Weile stellt sich heraus, dass die Strecke, die ich heute per Anhalter zurücklegen will, wegen der vielen Windungen des Yalu-Rivers und der Seitenarme der Stauseen deutlich länger ist als angenommen. Ich bin von etwa 80 Kilometern ausgegangen, konnte die Entfernung wegen fehlender oder veralteter Angaben bei digitalen und analogen Karten im Voraus jedoch nicht prüfen. Tatsächlich sind es 160 Kilometer!

Neu angelegter Straßenabschnitt

Nach etwa 60 Kilometern wird der Verkehr merklich dünner. Darüber hinaus verliere ich durch Personenkontrollen Zeit. Bis zu meinem heutigen Ziel Ji’an, immer noch 100 Kilometer entfernt, verbleiben mir bei Helligkeit ungefähr 3-4 Stunden. Weit und breit gibt es keine Hotels oder Dörfer, in denen ich unterkommen könnte. Auf ungefähr halber Strecke an der chinesisch-nordkoreanischen Grenze hängenzubleiben wäre nicht gut.

Aussichtspunkt mit Blick hinüber nach Nordkorea

Doch erneut gibt es Unterstützer: die Polizei! Den Polizisten bei der Personenkontrolle bin ich bereits bekannt: Die freundlichen Polizisten des Vortages, denen ich im 150 Kilometer entfernten Baishan begegnet bin und die mir bei der Suche nach einer Unterkunft geholfen haben, hatten ihre Kollegen in einem digitalen Kanal informiert, dass ich entlang des Weges kommen würde.

Ich erzähle ihnen, dass das Hitch-Hiken bis hierhin gut geklappt hat, ich mich aber frage, ob es für den Fall, dass ich es nicht nach Ji’an schaffe, Unterkünfte entlang der Strecke gibt. Sehr überraschend bieten sie mir an, mich nach Ji‘an, wie erwähnt 100 Kilometer entfernt, zu fahren.

Während der Fahrt kommt ein spannender Austausch zustande – mit dem Handy als Übersetzer. U.a. möchte ich wissen, ob ich ihnen nicht zu viele Umstände mache. Sie antworten, dass sie das gerne für mich tun. China soll mir in guter Erinnerung bleiben – und überhaupt wünschen sie sich, dass China im Ausland einen guten Ruf hat.

Der aufgestaute Yalu-River

Mit diesem privaten Fahrdienst erreiche ich Ji‘an sogar schneller als erwartet. 

Hier erlebe ich wieder eine Welt der Gegensätze: Ji’an mit seinen 100.000 Einwohnern präsentiert sich als wuselige, moderne und bunte Stadt. Am Abend wird an der Promenade am Yalu-River – wie in China üblich – getanzt. Dazu erleuchten Flutlichter und LED-Displays die Promenade. Aus riesigen Boxen dröhnt Musik – und beschallt ebenso Nordkorea auf der anderen Seite des Flusses.

Abendliches Tanzen in Ji‘an

Dort, am Fuße der Berghänge, liegen ein paar Dörfer. Auf der Straße, die diese Dörfer mit der nächstgrößeren Stadt verbindet, lassen sich auch noch in der Abenddämmerung Gruppen an Radfahrern ausmachen. Ab und an knattert (im wahrsten Sinne des Wortes!) ein Laster mit Abgasfahne über diese Straße. In einem Häuschen brennt Licht, die anderen bleiben aber auch im weiteren Verlauf des abends dunkel. Völlig unterschiedliche Welten, nur wenige hundert Meter voneinander entfernt.

Auch Chinesen sind neugierig, was auf der anderen Seite des Flusses passiert.

Nach diesen spannenden Eindrücken direkt an der chinesisch-nordkoreanischen Grenze nutze ich wieder den unkomplizierteren Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln über Chinas Landesinnere, um nach Dalian zu kommen. Trotz des Ausfalls meines Nachtzuges erreiche ich am Vormittag und damit noch rechtzeitig die Hafenstadt. Die Abfahrt der Güter- und Personenfähre nach Südkorea ist für heute angesetzt, die nächste wäre erst wieder in 2 oder 3 Tagen.

Kurz vor der Abfahrt meiner Fähre

Mit 11 Personen ist die Menge an Passagieren sehr überschaubar. Passkontrolle und Boarding sind schnell erledigt. Während des Sonnenuntergangs über Dalian legt meine Fähre mit Fahrtziel Südkorea ab.

Mein nächster Blog-Beitrag: „Südkorea – ein Land in ständiger Alarmbereitschaft“

Veröffentlichung: 14.08.2024

Mein Blog reist mir zeitlich immer ein bisschen hinterher. In dieser Zeit stelle ich meine Erlebnisse zu spannenden Beiträgen zusammen. Du möchtest aber wissen, wo ich mich aktuell befinde? Du möchtest meine Route und eine Auswahl von Foto-Schnappschüssen? Dann begleite mich gerne auch auf Polarsteps (Link siehe hier)!

2 thoughts on “Per Anhalter entlang der chinesisch-nordkoreanischen Grenze

  1. Lieber Ferry,
    wir (Monika und Andreas) wünschen dir weiterhin eine abenteuerliche und spektakuläre Reise. Wir freuen uns, an diesem Reiseabenteuer teil haben zu können. Dein Mut und dein Enthusiasmus für das Unbekannte ferne Länder auf diese Art zu bereisen sind bewundernswert. Hut ab. Du schaffst es, in uns die Faszination des Reisens sofort zu wecken. Gern verfolgen wir deine Reise auf diesem Wege. Wir bekommen Lust, sofort unsere Koffer auch für ein Abenteuer zu packen und auf die Reise zu gehen. Wir freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen im “Schloss am See”, um mehr von dieser wundervollen spektakulären Reise von dir zu erfahren. Es bleibt also weiterhin spannend. Man sieht sich. Wir wünschen dir weiterhin eine gute Reise, nette Begegnungen und vor allem Gesundheit. Und du weißt, wenn es “brennt” sind wir für dich da. Wir sind stolz darauf, dich zu kennen. Liebe Grüße und komm gesund zurück.

  2. Toller Service mit dem “privaten Fahrdienst”. So etwas wäre in Europa undenkbar!
    Weiterhin viel Freude und tolle Erlebnisse auf deiner Reise!

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