Auf der Transsibirischen Eisenbahn von Europa bis an das Japanische Meer (Teil 1 von 2)

Categories Große Ostasienreise, Russland

Landschaftlich ist die Reise auf der Transsibirischen Eisenbahn nicht unbedingt ein Highlight: weite Birken-, Kiefern- und Lerchenwälder, mal ist es flach, mal etwas hügelig. Mir fällt es manchmal schwer, auch nach mehreren hundert Kilometern einen sichtbaren Unterschied in meiner Umgebung auszumachen. Dennoch ist das Reisen auf der Transsibirischen Eisenbahn ein Erlebnis: Als Reisender ist man mittendrin in Russlands Gesellschaft und durchquert im Schnelldurchlauf die Regionen, die Russland über die Jahrhunderte immer größer und machtvoller werden ließen. Darüber hinaus besteht zwischen diesen Regionen und unserer deutschen Geschichte ein intensiver und weitreichend-prägender Zusammenhang.

Die „Transsib“ ist kein besonderer Zug, wie häufig angenommen wird, sondern Russlands zentrale Eisenbahnstrecke, die von Moskau im Westen bis in das 9.288 Kilometer entfernte Vladivostok im Osten am Japanischen Meer führt. Auf dieser Strecke schlängeln sich viele Züge durch das Land, vorwiegend Güterzüge beladen mit Kohle, Öl, Holz und Containern. Abschnittsweise ist die Strecke sehr dicht belegt und die Züge folgen einander in kurzen Abständen.

Bedeutende russische Städte liegen an der Strecke, wie z.B. Kazan, Yekaterinburg, Novosibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk und Khabarovsk. Vor allem durch die Eisenbahn sind diese Städte zu der Größe herangewachsen.

Krasnojarsk: In der sibirischen Stadt am Jenissei leben rund 1 Million Menschen.

Neben dem Güterverkehr kommt der Transsib eine große Bedeutung im Personenverkehr zu. Schwerpunkt ist hierbei jedoch die Nachfrage auf kürzeren und mittleren Distanzen mit bis zu 2 Reisetagen, auf denen Fliegen nicht möglich, umständlicher oder teurer ist. Nur noch sehr Wenige nutzen den Zug für die ganz langen Fahrten über mehrere Tage. Daher kommt es häufig vor, dass am nächsten Morgen das Nachbarbett wieder leer ist und an einer der folgenden Stationen das Bett durch einen neuen Gast belegt wird. Nur 2 Personenzüge pro Tag fahren tatsächlich die ganze Strecke Moskau-Vladivostok und benötigen dafür gute 6 Tage. Die meisten anderen Personenzüge befahren die Transsib abschnittsweise und beginnen oder enden meist in ganz anderen Teilen Russlands, z.B. in der Kaukasusregion.

Ein- und Ausstieg an einer Zwischenstation der Transsib

Vieles hat sich in den letzten Jahren bei der Eisenbahn geändert: Frühere Transsib-Reisende erinnern sich vermutlich an die sehr langen Züge. Heute sind manche quer durch das Land verkehrenden Züge jedoch erstaunlich kurz. Ein Zug Moskau-Vladivostok hat gar nur 8 Reisezugwagen – und weitere Gepäckwagen. 

Ebenfalls weitgehend Geschichte sind die Omas und Opas, die an den längeren Zwischenhalten selbst zubereitete Speisen (z.B. Kartoffeln) und Dinge aus dem Garten oder aus den Wäldern der Umgebung (z.B. Tomaten, Gurken, Beeren, etc.) anbieten. Ein Grund für das Verschwinden dieser elementaren Versorgungseinrichtungen ist scheinbar, dass dem Essen aus hygienischen Gründen nicht vertraut werden konnte und der Verkauf daher verboten wurde. Stattdessen gibt es nun auf manchen Stationen mehrere Kioske, die allesamt das Gleiche anbieten. Standardgerichte zur eigenen Zubereitung im Zug sind Instantnudeln und Kartoffelpüree in Plastikbehältern. Die lokale Essensversorgung ist jedoch nicht garantiert: Bei manchen Stationen mit längeren Aufenthalten fehlen diese Kioske. D.h. eine Basisausstattung an Essen und Trinken ist bei längeren Fahrten immer empfehlenswert.

Sollten für den Notfall immer dabei sein: Kartoffelpüree und Instantnudeln

Im Zug wird auch ein scheinbar neues Konzept beworben: Bestelle am Platz – zur gewünschten Zeit wird dann am Platz serviert – zubereitet wird im Speisewagen (sofern vorhanden). Allerdings habe ich bislang niemanden wahrgenommen, der diesen Service in Anspruch nehmen wollte.

Die Eisenbahn ist auch moderner geworden: Fast alle Züge sind mit Vakuum-Toiletten ausgestattet. Dies ermöglicht nun, auch während der teils langen Standzeiten in den Bahnhöfen die Toilette zu nutzen. Ich erinnere mich an den früheren Run auf die Toiletten, bevor die Provodniza oder der Provodnik (Schaffner/-in) die Toiletten abschloss, damit nichts auf den Gleisen im Bahnhofsbereich landen kann. Somit war der Gang auf die Toilette für eine längere Zeit unmöglich.

Die Sanitäranlagen werden regelmäßig gereinigt. Auch nach 24 Stunden Fahrt ist die Toilette in einem top Zustand.

Ebenso sind die meisten Züge nun klimatisiert und machen im Sommer die längeren Standzeiten erträglich. Im Zuge dessen sind wahrscheinlich auch die Gardinen entfallen, die zwar die Schlafbereiche zum gemütlichen Wohnzimmer machten, aber dafür auch den Blick nach draußen versperrten – und das dann tagelang. Und: Fast alle Reisenden kaufen ihre Tickets nun online. Vorbei ist damit die Zettelwirtschaft des Bordpersonals, das früher feinsäuberlich alle Tickets aufbewahrte und kurz vor Ankunft wieder austeilte.

Nette Begegnung mit Vlad, der auf dem Weg von Novosibirsk zu seiner Arbeitsstätte in Ostsibirien ist und seine Familie für ein halbes Jahr nicht sehen kann.

Auf etwa halbem Weg von Russlands Westen in den Osten, biege ich von der Transsib auf die sogenannte Baikal-Amur-Magistrale (Байка́ло-Аму́рская магистра́ль, kurz: BAM) ab. Sie nimmt im Vergleich zur Transsib weiter nördlich ihren Weg an den Pazifischen Ozean und verspricht tiefere Einblicke in Sibiriens Wildnis.

Die Fortsetzung mit spannenden Hintergründen insb. zur BAM folgt im kommenden Beitrag: „Auf der Transsibirischen Eisenbahn von Europa bis an das Japanische Meer (Teil 2 von 2)“

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