Nach ein paar Tagen in Tehran besteige ich den Nachtzug, der mich zunächst nach Ahvaz und dann nach Khorramshar an der iranisch-irakischen Grenze, rund 50 Kilometer Luftlinie von Kuwait, bringt. Des Öfteren ist mir diese Gegend wegen ihrer exorbitant hohen Temperaturen aufgefallen: bis zu 52 Grad im Sommer. Jetzt, im Frühling (Anmerkung: Es war noch Frühling als ich den Artikel angefangen habe zu schreiben) erwarten mich gute 30 Grad. Akzeptabel. Doch nicht wegen der Temperaturen zieht es mich in diese Gegend, sondern wegen ihrer Geschichte. In Khorramshar tobte eine der heftigsten Schlachten des Iran-Irak-Krieges. Viel zu wenig wissen wir über den von 1980 bis 1988 andauernden Krieg. Um das zu ändern und um auch den Einfluss auf die heutige Politik zu verstehen, möchte ich mir vor Ort anschauen, was geschah.
Der Irak schielte auf die öl- und gasreiche iranische Provinz Khuzestan. Kurz nach der Revolution 1979 schien die Gelegenheit günstig, diese Gebiete zu annektieren, denn der Iran, so glaubten die Iraker, sei zu sehr mit sich selbst beschäftigt und könne sich nicht verteidigen. Doch das Gegenteil war der Fall: Gestärkt durch die Revolution konnte der Iran sehr schnell mobilisieren. Der plötzliche Krieg mit dem westlichen Nachbarn hatte zudem einen innenpolitischen „Vorteil“: Politische Gegner der Revolution wurden beseitigt, ohne dass es die Öffentlichkeit in den Kriegswirren mitbekam.
Aus den Plänen der Iraker, den Iran in wenigen Wochen in die Knie zu zwingen wurde nichts. Während des achtjährigen Krieges standen mächtige Nationen an der Seite des Iraks, z.B. die USA und Saudi-Arabien. Doch auch sie verhalfen den Irakern nicht zum Durchbruch. International sah sich der Iran trotz vieler Hilferuhe alleine gelassen. Einzig das syrische Königshaus unterstützte den Iran, in dem es die Nutzung von Luftwaffenstützpunkten zuließ. Die Isolation während dieses Krieges wirkt sich bis heute aus. Einerseits, weil der Iran Assad zum Dank verpflichtet ist und ihn im Syrienkrieg unterstützt. Andererseits, weil sich der Iran vor einer erneuten Isolation fürchtet und damit den Besitz von Mitteln zum Schutz des Landes (in welcher Form auch immer) legitimiert.
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Vor vier Jahren habe ich das erste Mal Fuß auf iranisches Staatsgebiet gesetzt. Was hat sich seither mit der Lockerung der Sanktionen geändert? Hat sich überhaupt etwas geändert?
Ja und nein. Ja: Das Leben ist bunter und westlicher geworden. Frauen und Männer kleiden sich moderner und offener. Zu dem – aus unseren Augen – vielen Schrott auf vier und mehr Rädern auf den Straßen reihen sich nun in den großen Städten auch SUV und Luxusmarken. Shopping Malls sprießen aus dem Boden, genauso wie Fast Food Restaurants und Pizzaläden. U-Bahnen sind keine hässlichen Dauerbaustellen mehr, sondern ein funktionierendes Verkehrsmittel, das einem das Fortbewegen in vielen Städten deutlich bequemer macht. Und: Fotografieren ist einfacher geworden. Während ich mich früher ehrfurchtsvoll umschaute, interessiert dies heute – sofern es sich nicht um strategische Anlagen handelt – fast keinen.
Doch es gibt eben auch ein Nein: Viele Menschen, die ich auf meiner Reise getroffen habe, präferieren weiterhin ein Leben im Westen. Und nicht wenige nehmen sogar in Kauf, ihrem Land für immer den Rücken zu kehren.
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Bei jeder Iranreise bin ich fasziniert von den zahlreichen glücklichen Zufällen, die mir wiederfahren. In den verrücktesten Situationen lerne ich Menschen kennen, die meine Reise entscheidend beeinflussen und mich in jedweder Form lange Zeit begleiten. Dieses Phänomen beobachte ich keinem Land so stark wie im Iran. Häufig frage ich mich: Wie wäre meine Reise verlaufen, wenn ich nicht nach rechts, sondern nach links gelaufen wäre?
Auch die letzten Stunden im Iran sprechen deutlich für dieses Phänomen: Bei einem Schnappschuss im Speisewagen des Nachtzugs von Qazvin (bei Tehran) nach Tabriz winken ein paar Herren vergnügt in die Linse. Eigentlich wollte ich ins Bett gehen, doch aus Interesse setze ich mich noch zu ihnen. Mit meinen rudimentären Farsi-Kenntnissen, sowie Händen und Füßen tauschen wir uns aus. Nach einer Weile stellt sich heraus, dass sie am nächsten Morgen mit dem Auto weiter nach Orumyie fahren, der Stadt kurz vor der türkischen Grenze, zu der ich ebenfalls möchte. Ohne dass ich nachfragen muss, bieten sie mir eine Mitfahrgelegenheit an. Gemeinsames Frühstück und Sightseeing inklusive.
Ein glücklicher Zufall kommt meist nicht allein. Auf der Suche nach der nächsten Mitfahrgelegenheit zur Grenze am Busbahnhof in Orumyie spricht mich Roussel an und bietet mir seine Hilfe an. So ganz ist mir in diesem Moment nicht klar, wie genau seine Hilfe aussehen wird: Fährt er mich die verbleibenden 50 Kilometer zur Grenze? Kennt er jemanden, der dorthin fahren wird? Wo wird er die Mitfahrer für ein Shared Taxi aufsammeln?
Roussel ist merklich glücklich, Englisch mit mir sprechen zu können. Auf der Stadtautobahn bittet er um Entschuldigung, er müsse noch kurz zu seinem Materiallager. Wir biegen in eine Seitenstraße ein, halten dort vor einem Rolltor. Wenige Minuten später kommt ein Kollege angefahren, von dessen Pick-up gemeinsam eine Zapfsäule abgeladen wird. Roussel bittet nochmals um Entschuldigung für die Verzögerung und fragt, ob ich noch ein bisschen Zeit habe für eine Stadtführung. Wegen der glücklichen Zufälle bin ich etwas früher als geplant und nehme das Angebot gerne an. Wir fahren vorbei am Rathaus, er zeigt mir seine Lieblingsstrecke zum Joggen und erzählt mir, welche Überraschung er für seinen Sohn an diesem Abend hat. Für mich hat er ebenfalls eine Überraschung parat und lädt mich zum Eis, in dem seiner Meinung nach besten Eiscafé, ein. Nach diesem unerwarteten, aber tollen gemeinsamen Ausflug biegen wir auf die Ausfallstraße Richtung Grenze ein und halten an dem Stand der Taxis, die zur Grenze fahren. Er verhandelt den Preis mit dem Taxifahrer und gibt mir ein Zeichen, in welches Fahrzeug ich einsteigen soll. Noch während ich meinen Rucksack umlade, hat er bereits den Taxifahrer bezahlt. Intervenieren zwecklos. Iranische Gastfreundschaft eben. Gastfreundlich und hilfsbereit.
Der Taxifahrer braust mit mir zur Grenze. Auch er ist merklich erfreut, einen Ausländer fahren zu dürfen. Wir können uns zwar nicht unterhalten, er ist mir aber trotzdem sympathisch. Am Ziel angekommen, möchte ich ihm ein Trinkgeld geben, habe aber keine kleinen Scheine mit einem angemessenen Wert parat. Daher entscheide mich, ihm doch kein Trinkgeld zu geben – auch wenn es mir nicht wehtun würde, die letzten größeren Scheine, die ich noch im Portmonnaie habe, herauszugeben. Das ist eben die deutsche Seite. Nüchtern und rational.
nanu. Du schreibst wieder Blog.
Viel Spaß noch.
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